Kalter Entzug
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Ein kalter Entzug ist der Prozess einer abrupten Abstinenz von einer Substanz, von der jemand abhängig geworden ist und von Entzugserscheinungen begleitet wird. Entgegen dem sogenannten warmen Entzug wird die süchtig machende Substanz nicht langsam ausgeschlichen oder medikamentös zur Linderung von Entzugserscheinungen ersetzt wird.
Umgangssprachlich nennt sich der kalte Entzug ebenfalls ‘Cold Turkey’. Die Bezeichnung von Cold Turkey basiert darauf, dass Süchtige im Entzug häufig frieren. Sie bekommen daher eine Gänsehaut, die sich kalt und klamm anfühlen mag, was wiederum an einen frisch gerupften Truthahn erinnern mag. Traditionell werden mit Cold Turkey eigentlich Entzugserscheinungen bei Opiaten umschrieben, doch hat sich der Begriff im Verlauf der Jahre für jedweden abrupten Entzug eingebürgert. Dies kann umgangssprachlich auch Aktivitäten beinhalten und muss nicht zwangsweise einem Entzug von Alkohol, Opiaten oder Modedrogen gleichbedeutend sein.
Sowohl der kalte Entzug von Opiaten als auch Alkohol wird bereits seit Jahrtausenden beobachtet, doch erst ab dem 19. Jahrhundert wissenschaftlich studiert. Beide Stoffe sowie auch Substanzen aus anderen Kulturen wurden stets mit ihren Wirkungen und Entzugserscheinungen dokumentiert.
Alkohol ist beispielsweise ein Getränk, das Menschen bereits seit Jahrtausenden brauen und traditionell nur zu Festen oder Feiern gereicht wird. Doch auch schon in lang vergessenen Zeiten gab es Menschen, die alkoholsüchtig wurden und folglich die damit zusammenhängenden Risiken bekannt sind.
Opiate werden aus Mohnpflanzen gewonnen und sind seit Jahrtausenden als Schmerzmittel bekannt. Ihre Wirkung ist jedoch sehr stark, es werden Rauschzustände ausgelöst und machen sehr schnell abhängig. Opiate finden ihren kontrollierten Einsatz in der Medizin beispielsweise nach Operationen oder zur Linderung von rheumatischen Schmerzen. Heroin gehörte einst auch dazu, doch wurde Heroin in der Medizin nicht mehr verwendet, nachdem sein extrem süchtig machendes Potenzial bekannt wurde. Dafür ist Heroin zu einer Droge geworden, wie es auch mit Kokain geschah. Kokain wurde ursprünglich sogar in Cola zugesetzt und galt als Hustenmittel.
Es ist mehr oder minder gleich, von welcher Substanz ein Mensch abhängig geworden ist, da alle gleichermaßen auf das Zentrale Nervensystem einwirken und es zu chemischen Veränderungen im Gehirn kommt. Je mehr und länger eine Substanz eingenommen wird, desto mehr gewöhnt sich der Körper an sie. Somit muss die Dosis auf lange Zeit erhöht werden, damit der Süchtige noch einen Effekt verspüren kann. Ohne die Substanz hat der Körper verlernt zu funktionieren.
Bein einer Abhängigkeit von Schmerzmitteln geschieht beispielsweise Folgendes: Schmerzmittel unterdrücken die Schmerzkommunikation im Körper. Sobald ein Schmerzmittel nicht mehr eingenommen wird, kann der Körper seine Schmerzkommunikation nicht mehr normal regulieren. Somit sind Opiatsüchtige wesentlich schmerzanfälliger und leiden während des Entzugs auch unter stärkeren Schmerzen – sofern es sich im einen kalten Entzug handelt.
Entzugserscheinungen selbst sind nicht zwangsweise lebensbedrohlich – je nach Substanz kann der kalte Entzug sich jedoch als lebensgefährlich herausstellen.
Insbesondere während des kalten Entzugs von Alkohol und Benzodiazepinen kann es zu Anfällen, Herzinfarkten sowie Schlaganfällen kommen. Folglich ist ein kalter Entzug bei den zwei Substanzen eindeutig nicht ratsam und sollte stets unter professioneller medizinischer Aufsicht geschehen. Der kalte Entzug von anderen Substanzen wie Marihuana, Opiaten oder Kokain hingegen kann mit seinen Entzugserscheinungen sehr unangenehm sein, sodass Süchtige entweder den kalten Entzug abbrechen, sich selbst verletzen oder gar umbringen.
Depressionen und Ängste sind ein weiteres Symptom, wenn auch mehr psychischer Natur, die einen kalten Entzug der meisten Substanzen mit sich bringen. Falls es keine physischen Entzugserscheinungen sind, die einen Süchtigen in Selbstmordgedanken treiben, kann an dieser Stelle die Ursache gefunden werden. Auch Paranoia oder gar Psychosen können auftreten, sodass Süchtige ohne professionelle Betreuung im kalten Entzug zu einer Gefahr für sich selbst und andere werden können.
Darüber hinaus trägt der kalte Entzug ein höheres Risiko für einen Rückfall und Überdosierungen. Während des kalten Entzugs hat sich der Körper von einer Substanz entwöhnt und senkt seine Toleranzschwelle. Süchtige laufen in ihrem Versuch, die Entzugserscheinungen zu stoppen, Gefahr, eine für sie zu hohe Dosis einnehmen, Die Dosis, die sie einst gewohnt waren, mag bereits zu viel sein. Dies kann wiederum zum Tod führen.
Folglich ist ein kalter Entzug keinesfalls als sicher einzustufen.
Ein kalter Entzug kann ‘versehentlich’ eingeleitet werden, ein Süchtiger keinen Zugang mehr zur Suchtsubstanz hat. Dies kann beispielsweise bei einer Inhaftierung geschehen, wenn der Süchtige sich aufgrund seiner Sucht in einen kriminellen Tatdelikt verwickelt hat. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Süchtige Geld stehlen, um sich Nachschub ihrer Suchtsubstanz zu sichern. Doch auch wenn die Familie einschreitet und den Süchtigen an einen anderen bringt, kann ‘versehntlich’ der kalte Entzug eingeleitet werden.
Problematisch ist der kalte Entzug besonders im Familienkreise, da sich Familienmitglieder in der Regel nicht mit Entzugserscheinungen auskennen. Möglicherweise ist einer Familie auch die Sucht nicht bekannt, sodass sie sich sehr spontan mit Entzugserscheinungen konfrontiert sieht, die medizinisch begleitet werden müssten. Außerdem sind Süchtige sehr engagiert, ihre Sucht zu vertuschen. Dies kann unter Umständen von Gewaltausbrüchen begleitet werden.
Jede süchtig machende Substanz hat Entzugserscheinungen zufolge, die während eines Entzugs auftauchen können. Die Entzugserscheinungen sind jedoch sehr individuell und müssen nicht allesamt bei jeder Sucht aufzufinden sein. Es kommt auch sehr stark darauf an, wie viel über welchen Zeitraum von einer Substanz eingenommen wurde sowie weitere mögliche Vorerkrankungen.
Typische Symptome auf der körperlichen Ebene schließen ein:
- Muskelspasmen
- Kopfschmerzen
- Tremor
- Bauchkrämpfe
- Brustschmerzen
- epileptische Anfälle
- Bluthochdruck
- erhöhter Puls
- Übelkeit und Erbrechen
- Durchfall und weicher Stuhl
- Schlaflosigkeit
- Appetitänderungen
- stark schwankende Körpertemperatur
- Schwitzen
- Müdigkeit
- Sexuelle Dysfunktion
- Delirium
- Koma
- Erkältungssymptome
- Fieber
- Tod
Zu psychischen Symptomen von Entzugserscheinungen gehören:
- Ängste
- Paranoia
- Psychose
- Leichte Erregbarkeit
- Verminderte Konzentrationsfähigkeit
- Halluzinationen
- Stimmungsschwankungen
- Depressionen
Der kalte Entzug kann für Süchtige ein Weg sein, ihre Sucht geheimzuhalten und involvieren im Verlauf nicht einmal Ärzte. Sie würden den kalten Entzug lieber komplett unabhängig durchstehen wollen, als sich die Blöße zu geben. Andere Süchtige möchten die Sucht so schnell wie möglich beenden und denken, es sei einfacher, abstinent zu werden. In beiden Fällen werden jedoch häufig die Entzugserscheinungen des kalten Entzugs stark unterschätzt.
Der Vorteil eines kalten Entzugs besteht lediglich darin, dass Betroffene sich ihrer Sucht vollkommen klar sind. Außerdem fallen keine Therapiekosten an – auf den ersten Blick zumindest. Sie denken, sie könnten ihren Alltag ohne größere Unterbrechungen einfach weiter leben.
Sobald die physischen Entzugserscheinungen überstanden sind, die je nach Substanz nur bis zu drei Wochen anhalten können, folgen jedoch die psychischen Entzugserscheinungen. Süchtige sind sich in der Regel nur der physischen Sucht als Problem bewusst, jedoch meistens nicht der psychischen Hintergründe.
Angesichts der hohen Gesundheitsrisiken, die ein kalter Entzug darstellt, ist von einem kalten Entzug strengstens abzuraten. Der kalte Entzug auf die eigene Faust könnte schlimmstenfalls mit dem Tode enden, was unter medizinischer Aufsicht verhindert werden kann. Zudem bietet ein professioneller Entzug in einer erfahrenen Suchtklinik die Möglichkeit, Entzugserscheinungen medikamentös sowie therapeutisch zu behandeln. Anstatt des sehr harten kalten Entzugs wird Ihnen der Entzug so angenehm wie möglich gestaltet. Während der körperliche Entzug beginnt, kann auch bereits die psychologische Betreuung stattfinden.
Suchtkliniken bieten zwei Modelle für den Entzug: stationärer oder ambulanter Entzug. Beim ambulanten Entzug ist zu beachten, dass Betroffene sich nach wie vor in dem gewohnten Umfeld befinden. Dies birgt leider das hohe Risiko eines Rückfalls und ist in besonders schweren Fällen auch nicht zu empfehlen. Tatsächlich bieten Suchtkliniken selten, wenn überhaupt, eine ambulante Suchttherapie ein. Normalerweise erfolgt diese in Deutschland im Anschluss an den Entzug.
Stationärer Entzug
Der stationäre Entzug stellt sicher, dass Betroffene unter engmaschiger Beaufsichtigung stehen und medizinisch begleitet werden. Jegliche Entzugserscheinungen werden medikamentös sanft begleitet. Beim stationären Entzug ergibt sich jedoch ein Unterschied zwischen Privatkliniken sowie öffentlichen Einrichtungen.
Stationärer Cannabisentzug Deutschland
In öffentlichen Rehakliniken erfolgt in der Regel lediglich der körperliche Entzug. Der psychische Aspekt des Entzugs erfolgt erst danach in einer anderen Einrichtung. Die Wartezeit für einen Therapieplatz kann sehr lang sein und geht selten fließend von der Entzugstherapie über. In einer Privatklinik hingegen werden beide Aspekte behandelt und mit weiteren therapeutischen Angeboten abgerundet.
Ein Entzug beginnt im Grunde zu dem Zeitpunkt, an dem die Suchtsubstanz ihre Wirkung im Körper des Betroffenen verliert. Dies kann je nach Substanz unterschiedlich lange dauern. Beispielsweise verlieren Opiate etwa 12 Stunden ab der letzten Einnahme ihre Wirkung. Wenn es sich jedoch um ein Langzeitpräparat handelt, kann dieses Zeitfenster auch erst ab 30 Stunden nach der letzten Einnahme beginnen. Stimulierende Substanzen wie Alkohol oder Kokain wirken schneller, verlieren jedoch ebenso schnell Ihre Wirksamkeit. Somit können die Entzugserscheinungen bereits eher einsetzen.
Bei den meisten Substanzen erreichen die Entzugserscheinungen innerhalb der ersten Tage ihren Höhepunkt, bevor sie mit der Zeit abklingen. Dies sind die Tage, die es Betroffenen i kalten Entzug besonders schwer macht. Während auch die Entzugserscheinungen davon abhängen, wie viel und über welchen Zeitraum eingenommen wurde, lässt sich bei jeder Substanz ein ungefährer Zeitrahmen akuter Entzugserscheinungen festlegen:
- Alkohol: 4 – 6 Tage
- Kokain, Speed, Ecstasy: ein paar Tage bis hin zu ein paar Wochen
- Opiate: 1 – 2 Wochen
- Benzodiazepine: ein paar Tage bis zu 5 Wochen
- Marihuana: 1 – 3 Wochen
Nach diesem Zeitraum ist folglich das gröbste überstanden. Nach dem akuten Entzug kann es jedoch zu sogenanntem protrahierten oder chronischen Entzugserscheinungen kommen. Ein protrahierter Entzug ist geprägt von:
- Anhaltendem Verlangen nach der Suchtsubstanz
- Schlaf- und Stimmungsstörungen
- Körperliche Schmerzen
- Unfähigkeit, Freude zu empfiden
- Gedächtnisschwierigkeiten und Konzentrationsstörungen
Ohne professionelle Hilfe, wie beim kalten Entzug in Eigenregie der Fall sein würde, können chronische Entzugserscheinungen gar Monate andauern.
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